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Epistula Corvi XXXI


Liebe Leserinnen und Leser,


Corona_Buch

ich weiß nicht, ob man in Coronazeiten von einer Normalisierung sprechen kann, was den Literaturbetrieb angeht. Vielleicht ist Gewöhnung das bessere Wort. Keine Buchmessen, keine Conventions, keine Lesungen, ausgedünnte Verlagsprogramme, die Möglichkeit eines erneuten Lockdowns in den Buchhandlungen … Diejenigen, die sich in den Verlagen hauptberuflich mit der Literatur beschäftigen, sind zu einem erheblichen Teil in Kurzarbeit oder bauen Überstunden und Urlaubstage ab. Veranstaltungen wurden verschoben, ins Internet verlagert oder komplett abgesagt, und niemand hat Planungssicherheit dahingehend, wann die etablierten Abläufe wieder werden greifen können. Wir haben uns ein gutes Stück weit an den Verlust der Normalität gewöhnt.

Dabei bin ich überzeugt, dass es uns Buchmenschen bei Weitem weniger hart trifft als viele andere Branchen. Paradebeispiel ist die Gastronomie. Obwohl momentan weitgehende Öffnungen gelten, komme ich immer wieder an Gaststätten vorbei, die gerade ausgekehrt und nie wieder öffnen werden. Wir Schriftsteller dagegen können dem Kernbereich unseres Berufs im Grunde nachgehen wie immer: Wir sitzen vor dem Computer, schreiben und recherchieren. Sicher, es ist noch schwieriger als zuvor, Manuskripte unterzubringen, und die Vorschüsse werden erheblich vorsichtiger kalkuliert. Aber immerhin geht noch etwas.

Wenn man im Eigenverlag unterwegs ist – neudeutsch: als Selfpublisher –, geht momentan vielleicht sogar mehr als zuvor. So wie bei mir mit den wertigen Hardcoverausgaben meiner Collection Corvus. Auch davon soll in dieser Epistula Corvi die Rede sein.

Was war

Phileasson-Logo

Was die Arbeit an Manuskripten angeht, also den Kern der Schriftstellerei, lag mein Fokus bis vor Kurzem ausschließlich auf der Phileasson-Saga. Ich habe mir die Freiheit genommen, praktisch alle anderen Anfragen abzulehnen und auch von meiner Seite aus nichts anzubieten. Und das bedeutet wirklich Freiheit: Sich vollständig auf ein Projekt zu konzentrieren, statt mit widerstreitenden Prioritäten jonglieren zu müssen.

Im Ergebnis bin ich mit meinen Rohfassungen nun so weit vorgedrungen, wie es rational betrachtet möglich ist. Gemeinsamer Arbeitsstand mit Bernhard Hennen ist – dies zur Erinnerung – der neunte Band. Hier sind die Texte komplett fertig. Was meinen Anteil angeht, so habe ich zusätzlich auch den zehnten Band in der Rohfassung fertig und den etwa einhundertseitigen Prolog für den elften Band abgeschlossen. Das war mein letzter Prolog für die Saga, denn für den Abschlussband wird Bernhard diese Aufgabe übernehmen.

Es ist nicht sinnvoll, jetzt bereits den Phileassonstrang des elften Bands zu beginnen, denn dafür wird auch wichtig sein, was im zehnten Band bei Beorn passiert – und das wird Bernhard laut Plan erst Ende des Jahres schreiben. Ich habe also bei der Phileasson-Saga die Grenze des derzeit Möglichen erreicht.


Zu den Veranstaltungen, die angesichts der Gesundheitsauflagen einen neuen Weg gefunden haben, gehört die Buchmesse Saar. Eigentlich sollte die Premiere schon 2020 große Hallen füllen, nun ist sie zu einem Online-Event geworden. Dabei wurde auf der Buchmesse-Homepage eine Stadtkarte hinterlegt, in den Häuschen konnte man per Klick Verlage, Verbände und Autoren besuchen – auch Bernhard Hennen und mich. Wir haben drei Lesungen und einen Vortrag gehalten, wobei man per Chatfunktion Fragen stellen konnten, und haben auf Twitch mit unseren Fans geplauscht. All das ist als Aufzeichnung abrufbar.

BuchMesseSaar

Unsere Lesungen wurden auf der Facebookseite der Buchmesse Saar übertragen.

Unser Vortrag zum Weltenbau in Fantasy und Science-Fiction ist auf dem YouTube-Kanal der Buchmesse Saar zu finden.

Unsere Livechats sind als Video auf meinem Twitchkanal hinterlegt (allerdings wohl nur noch ein paar Tage, wenn ich den Algorithmus dieser Plattform richtig verstehe).

Für alle Beteiligten, insbesondere auch für Bernhard und mich, war diese Herangehensweise neu. Das Team der Buchmesse Saar hat einen tadellosen Ablauf garantiert. Dass ein virtuelles Event den physischen Kontakt nie vollständig ersetzen kann, ist jedem klar. Kein Weingummi am Stand, kein Thorwalerchor … Aber eine enorme potenzielle Reichweite und die Option, die Aufzeichnungen im Nachhinein anzuschauen. Machen wir das Beste aus unseren Möglichkeiten.


Kurd_Lasswitz_Preis

Seit der letzten Epistula Corvi habe ich Videobesprechungen zu drei Gewinnerromanen des Kurd-Laßwitz-Preises online gestellt:

Das Geheimnis der Krypta von Carl Amery konnte mich nicht überzeugen.

Begeistert hat mich dagegen Fatous Staub von Christian Mähr.

Um Die Goldenen Heiligen oder Columbus entdeckt Europa von Herbert Rosendorfer zu genießen, braucht man ein Faible für Satire.


Mein gemeinsam mit Bernhard Hennen umgesetztes Kurzvideoprojekt Die Startseite ist abgeschlossen. 82 Videos, selten länger als 10 Minuten, kann man anschauen. In jedem wird – manchmal von uns, manchmal von einem Gast – ein Roman oder eine Kurzgeschichte vorgestellt, indem kommentarlos die erste Seite vorgelesen wird. Dann stellen Bernhard und ich Fragen, die prompt beantwortet werden. Gerade durch die Gastbeiträge ist es eine abwechslungsreiche Mischung geworden, und manche Fans vermissen bereits den allmorgendlichen Start, der sie beim Frühstück in den Tag begleitet hat.

Was ist

Nach dem Erfolg der Hardcoverausgabe von Schattenkult vervollständige ich meine »Collection Corvus«, in der Romane, für die ich die Rechte von Piper zurückerhalten habe, in hochwertiger Aufmachung erscheinen. Die illustrierte Version von Drachenmahr ist bereits als eBook und Hardcover erhältlich; meine eigenen Exemplare sind bestellt, sodass ich bald auch signierte Bücher verschicken kann. Ordern kann man sie hier.

Zu Drachenmahr gibt es einen Buchtrailer, in dem das Titelbild von Arndt Drechsler, die Illustrationen von Katharina Niko und der Stadtplan von Timo Kümmel zu sehen sind – den Text spricht Antje von der Ahe:


Phileasson_IX

Die Phileasson-Saga IX: Echsengötter geht seinen Weg durch den Teil des Heyne-Verlags, der »Herstellung« genannt wird. Sowohl das Korrektorat als auch wir haben die Umbruchfahne durchgesehen und freigegeben. Dabei haben wir etwa 130 Änderungswünsche gehabt, was bei einem Manuskript dieser Länge (das Buch wird 862 Seiten haben) ein durchschnittlicher Wert ist. Man findet letzte Wortwiederholungen und Tippfehler, mit einigem Abstand erscheint einem eine Formulierung nun doch sperrig, solche Dinge. Das Korrektorat hat den Text seiner Aufgabe entsprechend im Bereich der Rechtschreibung und Grammatik verbessert.

Auch eine PDF-Datei des Umschlags hat man uns vorgelegt. Hier gab es nur einen Fehler – und der kam von uns ( = unserem Vorschlag für den Text in der vorderen Klappe) und wurde von unserer Lektorin bemerkt. Es ist immer gut, wenn ein zusätzliches Augenpaar solche Dinge prüft.

Summa Summarum ist Echsengötter trotz der stürmischen See, als die sich die Buchbranche derzeit präsentiert, auf Kurs.


Ich beschäftige mich derweil mit Exposés. Wie erläutert kann ich bei Die Phileasson-Saga momentan nicht sinnvoll weiterarbeiten, also ist es geraten, zu erkunden, welche anderen Projekte sich mit den Verlagen realisieren lassen. Dazu hatte ich mehrere Telefonate mit der Agentur Kossack, die mich vertritt. Und natürlich ist noch wichtiger, worauf ich derzeit Lust haben. Wie für mich üblich, lautet die Antwort auf letztere Frage: »Auf etwas Neues«. Entsprechend sehen die Exposés aus, die nun angeboten werden. Manche liegen schon länger auf meiner Festplatte, konnten aber noch nicht realisiert werden (primär wegen meiner Auslastung), andere schreibe ich frisch. Und »frisch« fühlen sich diese neuen Themen tatsächlich an. Je nachdem, was wir davon unterbringen, könnten 2021 sogar Titel jenseits der fantastischen Literatur von mir erscheinen.

Was wird

Burg_Linn

Nach einer gefühlten Ewigkeit wird es in Kürze wieder eine Liveveranstaltung mit physisch anwesendem Publikum geben. Das Museum der Burg Linn in Krefeld hat ein Konzept entwickelt, das den Hygieneauflagen gerecht wird. Im Rahmen der Reihe Verwunschene Nacht werde ich daher am Donnerstag, 2. Juli, um 1930 im Rittersaal auf Fantasyfreunde treffen, denen ich meine Trilogie Gezeiten der Macht vorstellen darf. Bernhard Hennen wird den Abend moderieren, was einen herzlich-rauen Schlagabtausch garantiert. Ein Termin, auf den ich mich besonders freue.


FeenCon

Die FeenConline dagegen probiert ein weiteres Konzept der virtuellen Liveveranstaltung aus. Auch hier gibt es Lesungen und Diskussionsrunden im Stream, aber die »Stände« werden auf einem Discord-Server realisiert. Wenn alles so klappt, wie wir es uns vorstellen, wird man dort sogar für den Blender oder den Foggwulf abstimmen können – ähnlich wie mit den Glasmurmeln, die wir dafür bei Präsenzveranstaltungen bereitstellen.

Die Veranstaltung findet am Wochenende 4./5. Juli statt, der zentrale Einstiegspunkt ist die FeenCon-Homepage.


Grauwacht_illustriert_Print

Meine Collection Corvus wird mit Grauwacht auf drei Bände anwachsen. Die Illustrationen stammen wieder von Katharina Niko, haben aber einen besonderen Stil: Sie sehen aus wie Bleiglasfenster. Weltkarte und Schutzumschlag kommen von Timo Kümmel. Bei diesem Werk sind wir schon fast am Ziel, der Probedruck ist in Auftrag gegeben. Ich denke, Mitte/Ende Juli werde ich die fertigen Bücher versandbereit haben.


Am 10. August 2020 ist Erstveröffentlichungstag für Die Phileasson-Saga IX: Echsengötter. Wie erwähnt ist dieses Projekt auf Kurs; ich wüsste nicht, was hier noch schiefgehen könnte.


Etwa zur selben Zeit wird auch die im Acabus-Verlag erscheinende Anthologie Wir sind die Bunten lieferbar sein. Diese Kurzgeschichtensammlung entstand für das Festival-Mediaval, das 2020 leider ebenfalls dem Coronavirus zum Opfer fallen wird. Enthalten ist auch eine Kurzgeschichte im Kontext der Phileasson-Saga.


Für den zehnten Band, Arbeitstitel Nebelinseln, haben die Abstimmungen mit dem Heyne Verlag begonnen. Insbesondere haben wir eine Beschreibung eingereicht, wie wir uns das Titelbild vorstellen. Wenn es so kommt, wie wir uns das denken, wird ein magisches Artefakt darauf zu sehen sein.

Der Erscheinungstermin für diesen Band ist wegen der Programmverschiebungen im Zusammenhang mit dem Coronavirus ungewiss. Das liegt also nicht an der Zeit, die das Schreiben und die Buchherstellung beansprucht, sondern daran, dass Heyne – wie viele Verlage – derzeit weniger Bücher pro Monat auf den Markt bringt. Eine vorsichtige Prognose für den zehnten Phileasson-Band ist der Sommer 2021, aber da kann sich in beiden Richtungen des Zeitstrahls noch viel ändern.

Angenommen, dass wir danach wieder in unseren üblichen Takt zurückfinden, stünden die beiden letzten Bände für das Frühjahr und den Herbst 2022 an. Damit wäre das meines Wissens größte Projekt im deutschsprachigen Publikumsmarkt für Fantasy abgeschlossen.


Ich selbst habe ja schon meinen Anteil an Band X und den Prolog zu Band XI geschrieben. Für das Korrekturlesen habe ich zwar noch ein paar Monate Zeit (bis Bernhard sich planmäßig wieder Phileasson widmen wird), aber ich werde es wohl dennoch bald angehen. Da folge ich dem Motto »erledigt ist erledigt«.


Was meinen Videokanal angeht, werde ich mich nun wieder den Gewinnerromanen des Kurd-Laßwitz-Preises widmen. Mit großen Vorschusslorbeeren kommt der Roman Stimmen der Nacht von Thomas Ziegler an die Reihe. Ich habe ein paar Artikel über diesen Autor gelesen und mit einigen Menschen gesprochen, die ihn kannten. Nach einhelliger Meinung war er ein Genie.

Danach werde ich vermutlich aus der Chronologie ausbrechen und den diesjährigen Gewinner besprechen: PERRY RHODAN – Das größte Abenteuer von Andreas Eschbach. Und dann kommen zwei Shadowrun-Romane von Hajo Alpers, gefolgt von gleich mehreren Eschbach-Romanen, von denen ich einige bereits kenne. Meine Erwartungshaltung ist daher, dass die Gewinnerromane im Vergleich zu den Jahren bis 1993 einen radikalen Schwenk hinein in das literarische Gebiet machen, in dem ich zum Science-Fiction-Fan geworden bin.


Überhaupt: Lesen tut not. Das hat unter meiner intensiven Schriftstellerei der vergangenen Jahre gelitten. Es ist mir direkt peinlich, wie viele maßgebliche Werke ich nicht kenne. Das möchte ich ändern. Deswegen kann das nächste größere Schreibprojekt ruhig noch ein wenig auf sich warten lassen.


Also – ich freue mich auf einen Sommer voller schöner Lesestunden. Vielleicht geht es Ihnen ebenso, und wenn Sie dann zu einem meiner Bücher greifen, gefällt mir das besonders.


Robert CorvusBernard Craw



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